Dietrich Emter

Kompliment an die Frau

 

KOMPLIMENT AN DIE FRAU

Jetzt reden wir mal ein bisschen über Frauen. Von Frauenmode. Beziehungsweise von demjenigen, der sie entwirft: Dietrich Emter. Dietrich Emter hat mich auf den Geschmack von Luxus gebracht. Luxus ist nicht blöd, Luxus darf teuer sein und Luxus ist wichtig. Es steckt viel dahinter. Hand, Herz – und Kopfarbeit. Der Mensch muss natürlich keinen Luxus haben, aber es schadet ihm auch nicht. Seit Gottfried Keller wissen wir, dass Kleider Leute machen. Das stimmt vielleicht. Nur leider wurde dadurch der schlechte Geschmack von vielen Leuten deutlich. Viele tragen das Gleiche. Schlecht gemachte Markenfälschungen, naiver Retro-Look, „ekeledele“ Looks wohin das Auge auch hingucken muss. Soweit zum „kleiderchen Realismus“.

Ich habe keine Ahnung von Mode, oder: Ich bin kein Modedesigner, kein Modeblogger, ich bin nicht Boris Becker und auch kein Schneider. Ich weiß nur, dass ich keine peinliche Ed-Hardy-Schriftzüge auf meinen Sachen sehen will, keine rot-gelben Sonnenbrillen trage, um hipper zu wirken und auf Nieten aus Kristall, wo auch immer, verzichte.

Ein Mann soll einfach, schlicht und gut aussehen. Langweilig schön. Körpertechnisch haben wir Männer auch nicht viel zu bieten. Wir haben (hoffentlich) keine Brüste und im besten Fall keine breiten Becken, die unserem Körper sexy Formen verleihen sollen. Soviel zur Motivation von Dietrich, exklusiv Frauenkleider zu entwerfen. Eine Frau in exquisiten Kleidern kann modische „Stilberge“ versetzen, ein Mann wirkt höchstens schick oder interessant. Die Mode von Emter muss nicht angeben, sie braucht keine billigen Slogans und muss auch nicht unentwegt mit „kleinen lustigen Dingen“ nach Aufmerksamkeit heucheln. Die Kleider von Dietrich umwerben die Frau. Sie betonen die Figur: subtil, nicht billig. Schlicht, aber sexy. Dietrich Emters Mode ist das Gegenteil von stillosen Proletenfetzen. Es gibt zwei einschlägige Clubs in Luxemburg, die sich gerne als „besseren“ Club verstehen. VIP, made in Luxembourg. Dort gehen die angeblich schönen und tollen Leute rein.

Ein Kleid von Dietrich Emter würde sich allerdings schämen, ein solches Etablissement zu betreten. Die Kleider wollen nicht sein, sie sind. Elegant und ehrlich. Eitel, nicht arrogant. Folgendes Szenario: Du sitzt mit ihm in deiner Stammkneipe. Und du beobachtest Menschen, das macht jeder. Er tut es anders, er schaut sich die Leute an und überlegt wieso trägt ein Mensch ein solches Kleid? Wieso sieht die Eine total langweilig aus und eine Andere umso schöner? Mit Respekt. Er macht die besten Komplimente und weiß auch, wie er sie machen muss. Jede Frau will von Dietrich ein Kompliment kriegen. Dann weiß man: ja, heute sehe ich unglaublich gut aus. Und das macht seine Mode aus. Seine Kleider sind wie kluge und schöne Komplimente an die Frau. Du glaubst jeden Schnitt, jedes Muster, jede Linie. Das macht den Unterschied zu den großen handelsüblichen Wir-schmeißen-jetzt-mal-Kleider-raus-Ketten. Dietrich Emters Mode muss man finden, „H&M“ dagegen gibt es an jeder Ecke. Beide Möglichkeiten haben ein Daseinsrecht.

 

 

 

 

Dietrich Emter absolvierte sein Studium am Lette-Verein Berlin. Danach ging es ab nach Paris, um die Modebranche von innen kennenzulernen. Er arbeitete bei Balenciaga, was ihn bis heute in seinem Schaffen sehr geprägt hat. Als Junior Designer war er bei Isabel Marant tätig. Er entwarf Kostüme unter anderem für das Theaterstück „Wär ich doch früher jung gewesen“ unter der Regie von Johannes Zametzer, eine Produktion der Théâtres de la Ville de Luxembourg oder auch für den Kurzfilm „Ibijazi“ von Luc Feit. Diese Gabe, den Kleidern eine Seele zu verpassen, mit dem Entworfenen einen guten Auftritt hinzulegen, spricht für die Kunst im Design seiner Mode. 

2011 war es dann soweit. Anfang 30 machte sich der Jungdesigner selbstständig und gründete sein Label Dietrich Emter. Im gleichen Jahr, September, präsentierte er seine erste Kollektion. Im Bezug auf Mode hatte ich sehr viele Vorurteile. Ihr wisst schon: magersüchtige Models, viel Gehabe und unnütz rausgeschmissenes Geld. Nach meinem Besuch zur Präsentation von Emters Sommerkollektion 2013 am 5. Juli 2012 auf der „Mercedes Benz Fashion Week“ in Berlin sind diese Vorurteile auch nicht verfallen. Nein, es stimmt, die Modebranche oder viel mehr: viele Besucher einer solchen Show und alles um die verschiedenen Shows rum erinnert sehr stark an eine groteske Boulevardreportage. Wie eine Parodie auf sich selbst, nur sie meinen es ernst. C- und Z-Promis treffen aufeinander und beantworten dumme Fragen von Journalisten. Tim Bendzko läuft mit Sonnenbrille rum und sieht unglaublich wichtig aus (Streetwear, yeah!) und Effenberg, ja, der war auch da. Er trank Bier. Alles ist genau so, wie man es sich vorstellt, wenn man noch nicht da war. Aber ehrlich, die Banker haben ihre Partys. Die Schauspieler haben ihre Allüren. Die Lehrer haben ihre Spießigkeit. Ich kenne kein Milieu was frei von Unverstand ist. Es geht wohl darum, sich in jeder Branche möglichst gut zu bewegen und seine Leidenschaft, in diesem Fall, an die Frau zu bringen. Und genau das macht Dietrich Emter. Frei nach dem Motto: Ihr macht euer Ding, ich mache meins.

Ein Mensch, welcher unabhängig von allen schwierigen Umständen genau das macht, was er will, berührt mich. Und es soll all den Leuten als Beispiel dienen, die ihr Leben auf dem Satz „wird eh nicht klappen“ aufbauen. Dietrich Emter stellte nämlich einen Mangel qualitativ hochwertiger Mode fest und beschloss kurzer Hand, selbst etwas aufzubauen. Das tat und tut er, mit Erfolg.

Ich habe von Dietrich Emter gelernt, wie viel Arbeit es ist eine Kollektion zu entwerfen, wie viel Kreativität dahinter steckt, wie viel Risiko es mit sich bringt ein Label zu gründen, die Finanzierung zu sichern, einen kühlen Kopf zu bewahren. Telefonieren, nähen, rechnen, rumfahren, Models aussuchen, Interviews geben, Stoffe bestellen. Kurz: Sein Ding machen und stolz darauf sein. Luxus ist Arbeit.

Emter hat eine Entscheidung getroffen, sie wird nicht jeden Nerv treffen, aber das soll sie ja auch nicht. Die neue Sommerkollektion ist nicht für Jeden. Es ist Luxus, den sich erstens nicht alle leisten, und zweitens nicht alle tragen können. Das ist gut so, denn für die Masse gibt es mehr als genug Kleidung. Den Unterschied machen Modedesigner wie Emter.

Erstmalig veröffentlicht am 27. Juli 2012 im Lëtzebuerger Land, Autor: Luc Spada

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